Da hörte ich die Stimme eines Redenden.

Wochenimpuls-Foto-210704-Seesrosen (c) Edith Furtmann
Wochenimpuls-Foto-210704-Seesrosen
Datum:
So. 4. Juli 2021
Von:
Edith Furtmann

Ez 2,1
„Da hörte ich die Stimme eines Redenden.
Er sagte zu mir:
Menschensohn, stell dich auf deine Füße;
ich will mit dir reden.“

Erst konnte ich mit dem Lesungstext gar nix anfangen, das gebe ich gerne zu. Aber dann (der Gottesdienst fürs Wochenende war längst fertig) kam es mir doch: Ezechiel soll sich auf seine Füße stellen, damit Gott mit ihm reden kann. Gott will nicht von oben herab irgendwas befehlen, er will reden.

Das gefällt mir sehr. Da kommt mir das abgedroschene „auf Augenhöhe“ in den Sinn: Gott will von Angesicht zu Angesicht reden, auf gleicher Höhe, nicht von oben nach unten. Nicht als Herr zum Knecht. Sondern als Mensch zu Mensch.

Und dann – ich komm ja immer auf mich zurück – frage ich mich, ob ich das eigentlich immer beachte? Dass mein Gegenüber erst einmal ein Mensch ist, egal, was er sonst noch so ist? Und das ich ihn deshalb so behandeln sollte, wie ich auch behandelt werden möchte? Das gilt für Migranten, für Obdachlose, für Menschen, die vermeintlich „sozial schwach“ sind und in unserer gesellschaftlichen Hackordnung eher „unten“ angesiedelt sind, ich denke, da sind wir uns einig. Aber es gilt doch nicht auch für die, die anders denken als ich? Deren Vorstellungen ich für falsch halte? Gilt das nicht sogar auch für „Querdenker“ und „AfD-Anhänger“, auch wenn es schwerfallen mag? Sollte ich nicht auch wenn ich mit diesen Menschen rede es von Mensch zu Mensch tun? Höflich, freundlich, wenn auch in der Sache bestimmt. Alles andere drängt sie nur in die Offensive.
Denken wir immer daran: Gott, der doch die Wahrheit ist, redet auch mit uns auf gleicher Ebene. Wer sind wir, es mit anderen Menschen nicht auch so zu tun?