Lk 16, 20f
„Vor der Tür des Reichen aber
lag ein armer Mann namens Lazarus,
dessen Leib voller Geschwüre war.
Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt,
was vom Tisch des Reichen herunterfiel.
Stattdessen kamen die Hunde
und leckten an seinen Geschwüren.“
Bibelkundige wissen, wie die Geschichte weitergeht: beide sterben, Lazarus kommt in den Himmel, der Reiche in die Hölle, und damit seine Brüder nicht das gleiche Schicksal erleiden, möchte er, dass Lazarus ihnen erscheint und die Augen öffnet. Aber die Erkenntnis wäre ja in der Welt: sie müssten halt die Augen nur öffnen, die Brüder.
Ich nehme diese Geschichte zum Anlass, um meinen eigenen Umgang mit Armut zu hinterfragen:
wer ist mein Lazarus? Die Obdachlosen auf dem Südwall, denen ich weiträumig ausräume, oder die Drogenabhängigen am Theaterplatz, denen ich auch lieber nicht zu nahekomme, obwohl die allermeisten friedfertig sind? Die fremd aussehenden Menschen in der Südstadt, die eine andere Sprache sprechen und die hier niemand haben will? Die Flüchtlinge in den Einrichtungen, die, denen es (noch) schlechter geht als den Ukrainerinnen und Ukrainern, um die unsere Pfarre sich kümmert?
Die Toten im Mittelmeer? Die Sklaven in aller Welt, die für unseren Reichtum produzieren?
Ich werde diese Woche einmal aufmerksamer als sonst durch die Welt gehen und genau hinschauen, wo ich Lazarus begegne.