Lk 10,29
„Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen
und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?“
Jesus erzählt nun das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, eine Geschichte, die auch Menschen kennen, die nicht kirchlich gebunden sind: Ein Mensch wird niedergeschlagen und ausgeraubt, und geholfen wird ihm nicht von den Frommen, die haben es eilig und gehen vorüber, sondern von dem Samariter – einem (Glaubens-)fremden.
Nun würde ich ja sagen: so bin ich nicht. Wenn da einer niedergeschlagen wird: natürlich würde ich ihm helfen, ich und Ihr alle sicher auch.
Allerdings: ich denke schon, dass auch die Priester und Leviten helfen würden, sähen sie so etwas. Aber sie haben ihn nicht richtig gesehen. Sie hatten es eilig, sie waren unterwegs, sie haben die Dringlichkeit nicht erkannt. Und damit stellt sich mir die Frage: Wer ist denn unser Nächster? Der Bettler auf der Straße – nicht schon wieder denke ich und gehe, mit Abstand, vorbei: wahrscheinlich ist das einer von denen, die da kommerziell sitzen und ausgenutzt werden? Die Nachbarin, die man nie mehr auf der Straße sieht? Ich könnte ihren Sohn ja mal ansprechen, ob es sinnvoll wäre, sie ab und zu zu besuchen. Aber ich kenne sie eigentlich nicht richtig: wäre das nicht viel zu aufdringlich? Die alte Tante, die dringend mal besucht werden sollte? Um ins Altenheim zu können braucht man einen Coronatest, das ist aufwendig und kostet jetzt auch noch Geld – und sie ist eh dement, sie wird es nicht merken oder sofort wieder vergessen. Die Armen vor Ort – kann ich da wirklich helfen? Will ich mich damit befassen? Ich spende doch auch an die Caritas, die sind da viel besser drin.
Oder doch vielleicht auch die, die im Mittelmeer ertrinken oder deren Lebensgrundlage vom Klimawandel zerstört wird – und die wir hier nicht haben wollen?
Sind nur Christen gemeint oder meinetwegen auch Juden, oder auch Muslime, Buddhisten, Atheisten?
Ich will durch die Woche gehen mit dem Augenmerkt darauf: wo ist der oder die Nächste, wer braucht meine Hilfe.