LK 6, 27-29
„Euch, die ihr zuhört, sage ich:
Liebt eure Feinde;
tut denen Gutes, die euch hassen!
Segnet die, die euch verfluchen;
betet für die, die euch beschimpfen!
Dem, der dich auf die eine Wange schlägt,
halt auch die andere hin
und dem, der dir den Mantel wegnimmt,
lass auch das Hemd!“
Aus dieser Stelle im Evangelium kommt vielleicht der Spruch: was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu – und wie Du behandelt werden willst, so behandle andere. Schwierige Stelle, wenn man intensiv drüber nachdenkt: Feindesliebe, geht das? Echt jetzt? Geht es nicht auch ne Nummer kleiner?
Doch, geht es, wir können klein anfangen: wenn ich zu einem Geburtstag eingeladen bin – überlege ich nur, wie ich das Geburtstagskind erfreuen kann oder schiele ich darauf, wie es mich beschenken würde? Und wenn ich etwas Spende, und Fremden helfe – schiele ich dann nach rechts und links, wie es die anderen tun? Und ob sie es auch mitkriegen, was ich da tue? Damit meine ich nicht, dass man nicht drüber reden darf: Gutes tun kann ja auch Vorbild für andere sein, es einmal zu versuchen. Was ich meine ist: warum tue ich jemandem etwas Gutes? Damit er oder sie mich liebt? Damit ich etwas zurückbekomme, entweder von dem- oder derjenigen, die ich da bedenke, oder von anderen, nämlich Anerkennung oder ähnliches? Oder einfach nur, weil der oder die andere jetzt genau das braucht, was ich tue?
Und was die Feindesliebe angeht: Liebe ist selbstlos. Wer liebt, wo er selbst geliebt wird, oder um geliebt zu werden, dessen Liebe ist zielgerichtet und damit alles andere als selbstlos. Und was bringt mir Hass? Außer, dass mein Herz sich verhärtet? Ich habe mal versucht, einen Menschen zu hassen, der mich sehr verletzt hat – und gemerkt, dass es mir damit überhaupt nicht besser, sondern deutlich schlechter ging. Angehörigen von Opfern in den USA, die dem Vollzug der Todesstrafe beiwohnen, erzählen, dass das überhaupt nicht die Befreiung gebracht hat, die sie erhofft haben, sondern dass es ihnen vielmehr sinnlos erschien und ihre Situation eher noch unerträglicher gemacht hat.
Vielleicht ist es das, was Jesus von mir will: dass ich mein Verhalten immer wieder überdenke. Dass ich immer wieder überlege, warum ich genau wem Gutes tue – und dass ich nicht berechnend unterwegs sind. Und die Botschaft, dass Hass nicht zum Leben führt.